Wenn von Rückenproblemen gesprochen wird, fällt immer sofort ein Begriff: Bandscheibe. Zwar können auch degenerative Veränderungen an den Wirbelkörpern selbst oder den Dorn- und Querfortsätzen zu Rückenschmerzen führen, doch die Bandscheibendefekte sind so häufig mitverantwortlich, dass sie immer zuerst im Mittelpunkt des Interesses stehen. Das ist auch kein Wunder, denn die Bandscheiben sind viel mehr als nur ein reiner „Puffer“ zwischen den einzelnen Wirbelkörpern. Stattdessen kann man auch sie mit Fug und Recht als eigenständiges Gelenk bezeichnen. Die 10 bis 20 kollagenen Faserringe um den Bandscheibenkern, den Nucleus pulposus, weisen unterschiedliche Verlaufsrichtungen auf, die dem Kern sowohl Neigungen nach vorn, hinten und zur Seite als auch rotierende Bewegungen gestatten.
Druck im Inneren der Bandscheibe
Da eine Bandscheibe im Wesentlichen aus Wasser besteht, abhängig vom Alter und Zustand zwischen 70 und 90%, ist es auch der Flüssigkeitsgehalt, der das Maß der Funktionsfähigkeit ganz entscheidend beeinflusst. Neben der Flüssigkeit bestehen Bandscheiben vor allem aus sogenannten Mucopolysacchariden. Sie sind für die Wasserspeicherung zuständig. Die Flüssigkeit ist so wichtig, weil sie für einen hohen Druck im Inneren der Bandscheibe sorgt und dieser es ermöglicht, auch mit großen, von außen einwirkenden Kräften fertig zu werden. Das geschieht durch Verformung der Bandscheiben. Bei Gewichthebern konnte gemessen werden, dass sie unter Belastung mehrere Zentimeter kleiner werden. Nach Belastungsende nehmen die Bandscheiben wieder ihre alte Form ein und die Ausgangsgröße wird wieder erreicht.
Nicht an das Gefäßsystem angeschlossen
Damit diese wichtigen Strukturen ihre harte Arbeit möglichst lange leisten können, benötigen sie einen regelmäßigen Nachschub an Flüssigkeit und Nährstoffen. Wie die Muskeln auch. Anders als die Muskeln sind die Bandscheiben jedoch nicht an das Gefäßsystem angeschlossen, über das der Nährstofftransport erfolgt. Sie sind auf zwei andere Versorgungswege angewiesen. Bei der Diffusion wandern Nährstoffe und Stoffwechselprodukte durch die Zellwände direkt an den „Ort des Geschehens“. Eine im Vergleich zum Blutstrom sehr uneffektive und empfindliche Art der Nährstoffversorgung. Außerdem muss die Bandscheibe regelmäßig be- und entlastet werden. Durch diese „Pumpbewegung“ gibt die Bandscheibe Flüssigkeit ab und nimmt neue Flüssigkeit und Nährstoffe auf.
Die Bandscheibe benötigt also nicht nur Bewegung, sprich: Druck, sondern auch Ruhephasen, um sich durch die Aufnahme von Flüssigkeit wieder zu alter Pracht vollsaugen zu können. Diese Pausen werden ihr in unserem Zivilisationsalltag kaum noch gegönnt. Wir sitzen stundenlang in der immer gleichen Haltung vor dem Computer, im Auto, vor dem Fernseher oder an der Supermarktkasse. Damit nehmen wir den Bandscheiben die Möglichkeit, Flüssigkeit und Nährstoffe aufzunehmen. Für unseren Rücken ist Sitzen keine schonende Angelegenheit, sondern Zwangsarbeit auf Nulldiät. Schlimmer noch: Muskeln und Bänder passen sich an die Sitzhaltung an. Das Becken dreht sich immer mehr nach hinten, und nach wenigen Jahren hat sich unsere komplette Statik verschoben.
Seit Jahren fordern Arbeitsmediziner daher ein Umdenken bei der Gestaltung vieler Arbeitsplätze. Weg von einseitigen Abläufen, hin zu mehr Flexibilität und Bewegung, auch und gerade während der Arbeit. Was spricht dagegen, ein Telefonat mal im Stehen zu führen? Was spricht gegen eine fünfminütige Bewegungspause pro Stunde? Die Produktivität des Arbeitnehmers würde dadurch ganz sicher nicht beeinträchtigt, sondern gefördert. Mit verspannten Rückenmuskeln lässt es sich nämlich schlecht arbeiten.
Möglichst komplexe Übungen mit freien Gewichten
Die Forderung nach einem Training der Rückenmuskulatur wird dem Problem nur zum Teil gerecht, da gerade beim gesundheitsbezogenen Training oft aus Vorsicht auf komplexe Übungen verzichtet wird. Doch auch optimal trainierte Rückenstrecker können nur einen Beitrag zu einer möglichst ökonomischen Haltung nur im Wechselspiel mit anderen Muskeln unseres Kraftzentrums leisten. Die Körperstatik hängt von kompletten Muskelketten und nicht von isolierten Muskeln ab. Daher sollte das Rückentraining immer auch möglichst komplexe Übungen mit freien Gewichten, z. B. Kreuzheben, beinhalten. Auch wenn es etwas länger dauert, die Bewegungsabläufe zu verinnerlichen. Und natürlich sind solche Übungen auch anstrengender als isolierte Bewegungen.
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