Wenn Ihr auf natürliche Weise Kraft und Muskeln aufbauen wollt, müsst Ihr einige Regeln beachten, ohne deren Einhaltung Ihr Eure Zeit beim Training vergeudet. Es sei denn, Ihr wollt im Studio einfach nur ein paar nette Leute kennenlernen. Wenn Ihr mehr wollt, müsst Ihr auch mehr investieren. Dazu gehört, dass Ihr als Fortgeschrittener während einer Aufbauphase regelmäßig Gewichte im Bereich von ca. 85% einer maximalen Einzelwiederholung bewegen müsst. Mit diesem Gewicht solltet Ihr mindestens 6 Wiederholungen bis zur subjektiven Erschöpfung schaffen. Das ist der Punkt, an dem Ihr den Satz abbrechen müsst, weil Ihr Euch eine weitere korrekte Wiederholung mit diesem Gewicht nicht mehr zutraut. Die Wiederholungszahl ist dabei nur ein Faktor für den Aufbau neuen Muskelgewebes, wichtiger noch scheint die Zeit zu sein, die Ihr für den Satz benötigen. Die optimale Satzdauer für ein sogenanntes Hypertrophietraining liegt zwischen 30 und 40 Sekunden.
Interessanterweise sind bis heute nicht alle Faktoren, die letztendlich zum Muskelwachstum führen, geklärt. Das liegt unter anderem daran, dass es verschiedene Formen von Muskelwachstum gibt. Ein ständiges Training mit höheren Wiederholungszahlen forciert vor allem Flüssigkeitseinlagerungen im bereits vorhandenen Muskelgewebe. Das vergrößert zwar das Muskelvolumen, und die Kraft profitiert auch davon, eine echte Neubildung von zusätzlichem Gewebe scheint aber nur angeregt zu werden, wenn regelmäßig auch mit Gewichten über 85% der aktuellen Maximalkraft gearbeitet wird.
Wissenschaftliche Erkenntnisse und praktische Erfahrungen sind ziemlich deckungsgleich. Beide Seiten sind sich weitgehend einig (es gibt einige Ausnahmen), dass folgende Faktoren für ein effektives Aufbautraining erfüllt sein müssen:
• der Spannungsreiz der trainierten Muskulatur muss eine Mindestschwelle überschreiten.
• die Kreatinphosphatspeicher in der Muskelzelle müssen während des Satzes erschöpft werden.
• das Ganze muss mehrmals in Folge passieren.
Da sich die Kraft durch ein Ganzkörpertraining nicht beliebig steigern lässt, sieht man sich irgendwann gezwungen, die Zahl der Sätze zu erhöhen. Kontinuierliche Fortschritte lassen sich nur erzielen, wenn die Belastung steigt. Doch natürlich lässt sich auch die Satzzahl nicht beliebig erhöhen. Zum einen würde die Trainingszeit immer länger, zum anderen würde sich die Intensität der einzelnen Sätze immer weiter verringern. Vor allem bei den Sätzen, die gegen Ende des Trainings ausgeführt werden. Niemand kann 50 oder noch mehr Sätze im Grenzbereich ausführen. Ab einem bestimmten Punkt würde die Ermüdung so groß, dass die Qualität der Übungsausführung die Verletzungsgefahr drastisch erhöhen würde. Von effektivem Training kann ab diesem Punkt ohnehin nicht mehr gesprochen werden.
Vor eben diesem Problem standen auch die Bodybuilder in den 50er Jahren. Sie hatten den Punkt erreicht, an dem der Trainingsumfang zulasten der Trainingsintensität und der Erholungsfähigkeit ging.
Die Lösung für dieses Problem war denkbar simpel. Sie erforderte nur ein wenig Umdenken, nachdem man jahrzehntelang das dreimalige Training pro Woche als Nonplusultra betrachtet hatte: Man führte einfach einen vierten Trainingstag ein. Allerdings nicht, um alle Muskelgruppen auch an diesem Tag mit den immer gleichen Übungen traktieren zu können, sondern mit der Möglichkeit, die Muskelgruppen aufzuteilen. Jede Muskelgruppe wurde nur noch an zwei Tagen in der Woche trainiert, sodass man durchaus die Satzzahl erhöhen konnte, ohne die Gesamtdauer des Trainings zu sehr auszudehnen. Durch die Aufteilung der einzelnen Muskelgruppen auf verschiedene Trainingstage heißt das System Split-Training. Es ermöglicht eine deutliche Erhöhung der wöchentlichen Trainingszeit ebenso wie eine Erhöhung der Satzzahl pro Muskelgruppe, ohne dabei die regenerativen Fähigkeiten über Gebühr zu strapazieren.
Es stellt den nächsten Schritt in der sportlichen Entwicklung dar. Sobald das dreimalige Ganzkörpertraining nicht mehr die gewünschten Erfolge bringt, könnt Ihr das Training umstellen. Der ganze Körper wird nun in zwei aufeinanderfolgenden Trainingseinheiten bearbeitet. Es folgt ein Tag Pause, dann absolvieren Ihr den Zyklus erneut. Ihr trainiert also z.B. Montag, Dienstag sowie Donnerstag und Freitag. Auch bei dieser Anordnung sollte die Trainingszeit maximal 90 Minuten nicht überschreiten. So hat jede Muskelgruppe ausreichend Zeit, sich bis zum nächsten direkten Training zu erholen.
Allerdings haben sich in der Praxis auch andere Aufteilungen als effektiv erwiesen. Wenn Ihr es besser in Euren Tagesablauf einflechten könnt oder Ihr Euch nicht schnell genug erholt, lässt sich auch nach jedem Trainingstag ein freier Tag einflechten.
Wenn Ihr längere Zeit an drei Tagen in der Woche ins Studio gegangen seid, wird die Umstellung auf ein viermaliges Training möglicherweise nicht von heute auf morgen gelingen. Vier Trainingstage in der Woche sind vor allem für ältere Menschen, die im Berufsleben stehen und Familie haben, nicht ganz leicht zu realisieren. Nehmt Euch daher nicht zu viel auf einmal vor.