Rein statistisch gesehen gehört das Krafttraining in einem Sportstudio zu den Aktivitäten mit geringem Verletzungspotential. Doch natürlich kann es bei unsachgemäßer Ausführung auch zu einem eigenständigen Risikofaktor werden. Hier muss man sich die Frage nach der Schaden/Nutzen-Relation stellen, d. h.: Ist der wahrscheinliche Nutzen höher als der zu erwartende Schaden?
Die Risiken, die derjenige eingeht, der keinerlei Sport treibt, sind sicher um einiges höher einzustufen als die möglichen gesundheitlichen Schäden durch ein Training mit Hanteln und Trainingsmaschinen. Der durch Bewegungsmangel und Stress provozierte Herzinfarkt lässt sich kaum mit einer Sehnenentzündung vergleichen.
Die vergleichsweise geringe Zahl an Verletzungen, die bei einem moderaten Krafttraining auftreten können, lassen sich fast alle auf ungenügendes Aufwärmen, mangelnde Konzentration beim Training oder eine schlechte Bewegungsausführung zurückführen.
Auf ausgewogene Kraftentwicklung achten
Neben akuten Verletzungen durch äußere Einwirkung machen vor allem Gelenkfehlstellungen, z. B. X- und O-Abweichungen an den Beinen, sowie eine unausgewogene Kraftentwicklung den Körper anfälliger.
Diese sogenannten muskulären Dysbalancen entstehen nicht zufällig und sind in der Regel auch nicht angeboren, sondern erworben. Einseitige Belastungen und Überlastung sind die Gründe für dieses Phänomen, dass im Ernstfall eine sportliche Karriere beenden kann. Gerade in vielen Schläger- und Spielsportarten kommt meist ein Bein oder der Wurfarm über viele Jahre völlig einseitig zum Einsatz. Dabei kommen im Laufe der Zeit leicht tausende Wiederholungen zusammen. Eine Extremität wird bis an die Grenze belastet, die andere erfährt kaum wirksame Trainingsreize. Mit dem Ergebnis, dass sich der Körper völlig asymmetrisch entwickelt. Die Folgen sind vielfältiger Natur und können sich an Gelenken und der Wirbelsäule, aber auch an den betroffenen Muskeln oder den entsprechenden Sehnen und Bändern finden. Ein wesentliches Ziel des Krafttrainings für andere Sportarten besteht darin, auch die Strukturen zu kräftigen, die in den jeweiligen Disziplinen völlig vernachlässigt werden.
Das gilt übrigens nicht nur für den Nachwuchs, sondern auch für „alte Garde“. Gerade Wiedereinsteiger setzen oft mehr auf ihre Erfahrung als auf ihre aktuellen konditionellen Fähigkeiten. Doch wer in seiner Jugend beim Sport geglänzt hat, neigt dazu, die eigene Leistungsfähigkeit trotz jahrelanger Untätigkeit in einem völlig falschen Licht zu sehen. Denn die zurückliegenden Jahre sind nicht nur an Sehnen, Bändern und Gelenken nicht spurlos vorübergegangen, auch das Herz-Kreislauf-System mag von ungünstigen Entwicklungen betroffen sein, von denen man keine Ahnung hat. Woran es in jedem Fall mangelt, ist die Kraft. Die lässt sich nämlich durch ein entsprechendes Training nicht nur gezielt aufbauen, sie verschwindet auch wieder, wenn man das Training einstellt. Die Muskulatur „atrophiert“, wenn die Beine lange Zeit nur für den Weg von der Couch oder vom Schreibtisch zum Auto eingesetzt werden. Mit jedem Tag der Untätigkeit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die unterforderte Muskulatur ihre Aufgabe nicht mehr optimal erfüllen kann. Die besteht – anders als es uns von der Werbeindustrie seit Jahren vorgegaukelt wird – nämlich nicht nur darin, gut auszusehen. Muskeln bewegen Gelenke… und schützen sie, indem sie „ihr“ Gelenk über den vollständigen Bewegungsradius stabilisieren. Im Idealfall. Je schlechter es um die Muskulatur bestellt ist, desto geringer fällt die Schutzfunktion für das entsprechende Gelenk aus. Ist dazu noch das Kraftgleichgewicht zwischen Agonist und Antagonist gestört, kann das auch mal unerwünschte Folgen haben. Das gilt besonders für Kontaktsportarten.
Aber auch das Krafttraining selbst kann eine unausgewogene Kraftentwicklung fördern. Dann nämlich, wenn das Training bestimmter Muskelgruppen und einiger weniger Übungen bevorzugt wird. Gerade der männliche Nachwuchs konzentriert sich gern auf Bankdrücken und Übungen für den Bizeps. Der Rest des Körpers bleibt da hin und wieder auf der Strecke. Das kann nicht nur optisch zu einem manchmal etwas merkwürdigen Körperbau führen, sondern stört auch das natürliche Kräfteverhältnis.